Das Projekt
Das Projekt Veracel-Zellstofffabrik betrifft den Bau und den Betrieb einer großen Zellstofffabrik im Bundesstaat Bahia im Nordosten Brasiliens, deren Produktionsbasis Eukalyptus-Plantagen sind. Projektträger ist die Veracel Celulose S.A., ein im Besitz der Stora Enso OYJ (Finnland) und der Aracruz Celulose S.A. (Brasilien) stehendes Unternehmen des privaten Sektors. Die gesamten Investitionskosten belaufen sich auf 1,25 Mrd USD.
Die Veracel-Zellstofffabrik wird gebleichten Eukalyptus-Kraftzellstoff (Bleached Eucalyptus Kraft Pulp - BEKP) für den Export produzieren. BEKP ist ein Ausgangsstoff für die Herstellung von Tissue-, Druck- und Schreibpapieren. Mit einer Kapazität von 900 000 Tonnen Zellstoff pro Jahr wird die Fabrik die Zellstoffexportkapazität Brasiliens wesentlich steigern. Die Inbetriebnahme der Fabrik ist für die zweite Hälfte des Jahres 2005 vorgesehen.
Produktionsbasis der Fabrik wird eine im Besitz der Veracel stehende, etwa 69 000 ha große Eukalyptus-Plantage im Bundesstaat Bahia sein. Diese Plantagen existieren seit etwa zehn Jahren und wurden auf aufgegebenem, verödetem Weideland angelegt, das hauptsächlich von Großgrundbesitzern erworben wurde. Weitere 23 000 ha Baumplantagen, die von Landwirten vor Ort betrieben werden und sich in deren Eigentum befinden, werden ebenfalls Rohstoffe für die Zellstofffabrik liefern.
Finanzierungsbeitrag der EIB
Im Dezember 2003 gewährte die EIB der Veracel-Zellstofffabrik ein Darlehen von 80 Mio USD. Davor hatte die Veracel im Jahr 2001 ein Darlehen von 30 Mio USD für die Pflanzung von insgesamt 26 200 ha Eukalyptusbäumen im südlichen Teil des Bundesstaates Bahia erhalten.
Das Projekt Veracel-Zellstofffabrik kommt für eine Finanzierung durch die EIB in Betracht, da es unter das Finanzierungsmandat fällt, auf dessen Grundlage die Bank in Lateinamerika Projekte von gemeinsamem Interesse für die Europäische Union und für das betreffende Land finanzieren kann. Das Projekt hat seinen Standort in einer armen Region mit einem erheblichen Bedarf an Finanzmitteln und Investitionen und dürfte - unter anderem durch die Schaffung von Arbeitsplätzen - einen erheblichen Nutzen für die Wirtschaft der Region bringen. Es wird die Erwirtschaftung beträchtlicher Exporteinnahmen ermöglichen und sich dadurch positiv auf die Zahlungsbilanz Brasiliens auswirken. Da es sich um eine bedeutende ausländische Direktinvestition handelt, trägt das Projekt dazu bei, das Vertrauen der ausländischen Investoren in den brasilianischen Markt aufrechtzuerhalten.
Der zusätzliche Nutzen der EIB-Finanzierung besteht darin, dass sowohl dringend benötigte langfristige Mittel bereitgestellt als auch politische Risiken abgedeckt werden. Das Darlehen ermöglicht die Beteiligung anderer Geldgeber, was vor allem wegen des derzeit sehr begrenzten Zugangs brasilianischer Darlehensnehmer zu mittel- und langfristigen Finanzierungen wichig ist.
Generell vergewissert sich die EIB vor jeder Darlehensgenehmigung, dass das Projekt den entsprechenden EU-Standards sowie den international anerkannten Standards und Referenzwerten entspricht. Infolgedessen nimmt die EIB eine detaillierte Prüfung der wirtschaftlichen, finanziellen, technischen und umweltbezogenen Aspekte jedes Projekts vor, für das sie einen Finanzierungsbeitrag in Erwägung zieht.
Umweltaspekte der Zellstofffabrik
Für das Projekt Veracel-Zellstoffabrik sind im Anschluss an die Durchführung angemessener Umweltverträglichkeitsstudien und öffentlicher Anhörungen sämtliche erforderlichen Umweltgenehmigungen der brasilianischen Behörden erteilt worden. Das Genehmigungsverfahren umfasst genau festgelegte öffentliche Anhörungen von Gebietskörperschaften und Vertretern der Zivilgesellschaft einschließlich der einheimischen Bevölkerung. Sämtliche Genehmigungen sind an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Mit der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Zellstofffabrik wurde 1995 begonnen, wobei zunächst der Fabrikstandort einer Umweltverträglichkeitprüfung unterzogen wurde (unter anderem wurde eine Liste der Maßnahmen zur Begrenzung der Umweltbeeinträchtigungen aufgestellt). Eine zweite Prüfung wurde 1998 durchgeführt und betraf die Projektdurchführung. Im Jahr 2002 war eine Aktualisierung dieser Prüfungen erforderlich, da wesentliche Merkmale der Fabrik geändert wurden. Informationen zu den verschiedenen Genehmigungen, d.h. zur Standortgenehmigung (Licença de Localização; 1995), zur Durchführungsgenehmigung (Licença de Implementação; 1998) und zur Änderungsgenehmigung (Licença de Alteração; 2002) sind bei den zuständigen brasilianischen Behörden erhältlich (siehe "Weitere Einzelheiten").
In Einklang mit der EU-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-Richtlinie) werden die Konzeption und die detaillierte technische Planung der Fabrik nach dem modernsten Stand der Technik ("Beste verfügbare Technik") erfolgen. Dies gilt insbesondere für die technischen Maßnahmen zur Begrenzung der mit dem Projekt verbundenen Umweltbeeinträchtigungen. Die Auswirkungen der Emissionen auf die Wasserressourcen und die Entsorgung der beim Betrieb der Fabrik anfallenden festen Rückstände werden die Schlüsselelemente des Überwachungsprozesses sein. Gemäß der von den Anteilseignern bei ihren weltweiten Aktivitäten verfolgten Politik wird für den zukünftigen Betrieb der Anlage eine Umweltzertifizierung nach ISO 14 001(1) eingeholt werden.
Umweltaspekte der Eukalyptus-Plantagen
Die Eukalyptus-Plantagen entstehen durch Wiederaufforstung sowie durch Aufforstung von ehemals verödeten Flächen entsprechend den europäischen Grundsätzen für ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung. Die noch bestehenden Teile der ursprünglichen Wälder werden als Schutzgebiete ausgewiesen, erhalten und wieder aufgeforstet. Die Eukalyptusbäume auf den Hochebenen bilden zusammen mit dem atlantischen Regenwald in den quer verlaufenden Tälern eine Mosaiklandschaft mit bodendeckender Bepflanzung, die die Erosion verringert, eine verstärkte Erzeugung von Biomasse ermöglicht und zur Bewahrung der Artenvielfalt beiträgt. Die Plantagen werden nach europäischen Standards bewirtschaftet. Sie wurden auf der Basis der in Brasilien geltenden forstwirtschaftlichen Bestimmungen, die der besten internationalen Praxis entsprechen, voll genehmigt.
Im Rahmen des Programms zur Wiederaufforstung des Regenwalds, das die Neubepflanzung verödeter Flächen sowie die Wiederaufforstung und den Schutz der noch bestehenden Teile des Regenwalds umfasst, sollen 44% der 147 000 ha großen Waldgebiete als Schutzgebiete ausgewiesen und erhalten werden. Besondere Aufmerksamkeit wird der Erhaltung und Pflege ursprünglicher Biotope - insbesondere des atlantischen Regenwalds "Mata Atlântica" - gewidmet werden. Unter das Programm zur Verbesserung des Küstenregenwalds Mata Atlântica fällt ein Gebiet von fast 90 000 ha im Besitz der Veracel. Hiervon gehören mehr als 6 000 ha zur Veracruz Station, dem größten privaten atlantischen Regenwaldreservat im Nordosten Brasiliens. Die Veracruz Station ist von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt worden. Im Juni 2003 erhielt die Veracel eine Zertifizierung nach ISO 14001 für ihre Verfahren zur Aufzucht von Eukalyptusbaum-Sämlingen und Sämlingen zur Aufforstung des atlantischen Regenwalds sowie für ihre Verfahren für die Gewinnung, den Transport und den Verkauf von Holz aus ihren Eukalyptus-Plantagen.
Soziale Aspekte
Die Zellstofffabrik und die Plantagen schaffen sowohl direkt als auch indirekt Arbeitsplätze in einer Region, in der gegenwärtig nur wenige Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Der Projektträger erwartet, dass während der Bauzeit des Projekts bis zu 12 000 direkte und indirekte Arbeitsplätze geschaffen werden. Nach dem Abschluss der Investitionsvorhaben dürften im Rahmen der forstwirtschaftlichen Aktivitäten und des Betriebs der Zellstofffabrik 2 000 direkte Arbeitsplätze geschaffen werden. Weitere 6 000 bis 8 000 indirekte Beschäftigungsmöglichkeiten werden durch die Auslagerung von Leistungen und Arbeitsprozessen geschaffen werden.
Der Projektträger und die Regierung des Bundesstaates Bahia arbeiten zusammen, um die Region im Infrastruktur- und im sozialen Bereich durch entsprechende Investitionen so vorzubereiten, dass eine ausgewogene Entwicklung ermöglicht und potenzielle Probleme im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum - wie z.B. der Zustrom von Arbeitslosen, die eine Beschäftigung suchen - minimiert werden. Die Sozialprogramme des Projektträgers umfassen insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität, Wohnungsbau- und Gesundheitsfürsorgeprogramme, den Betrieb von Schulen sowie Aus- und Fortbildungsprogramme. Das Outsourcing eines Teils der Holzversorgung an Landwirte vor Ort kann eine wichtige alternative Einkommensquelle für die Region darstellen.
Überwachung
Das Projekt wird vom Projektträger, den brasilianischen Behörden, der Zivilgesellschaft und den Geldgebern kontinuierlich überwacht werden. Im Rahmen einer Ausschreibung suchen die Darlehensgeber derzeit eine unabhängige Beratungsfirma; die entsprechende Bekanntmachung wurde am 11. Februar 2004 im Amtsblatt der Europäischen Union und in brasilianischen Zeitungen veröffentlicht.
Bei der Überwachung der ökologischen und sozialen Auswirkungen des Projekts wird besonderer Nachdruck auf das Programm zur Wiederaufforstung des Regenwalds einschließlich der Zertifizierungssysteme für die Forstwirtschaft, auf die Auswirkungen der Abwässer auf die Hydrologie des Projektgebiets und die Entsorgung fester Rückstände sowie auf die sowohl in den Plantagen als auch bei der Anpflanzung von Bäumen angewandten forstwirtschaftlichen Verfahren gelegt werden. Die wichtigsten Aspekte sind dabei die Verträge über die Anpflanzung von Bäumen und die Schaffung von Anreizen für die Landwirte, sich am Programm zur Wiederaufforstung des Regenwalds zu beteiligen.
Weitere Einzelheiten
Weitere Informationen über die Umweltstudien und -genehmigungen sowohl für die Zellstofffabrik als auch für die Plantagen erteilt die zuständige Behörde - das Centro de Recursos Ambientais (CRA). Sie ist das Exekutivorgan des Conselho Estadual de Meio Ambiente (CEPRAM), der Teil der zur Regierung des Bundesstaates Bahia gehörenden Secretaria do Planejamento, Ciência y Tecnologia ist. Website des CRA: http://www.cra.ba.gov.br/.
Kontakte der EIB mit Nichtstaatlichen Organisationen (NGO) bezüglich des Projekts Veracel-Zellstofffabrik
Im Oktober 2003 trafen Mitarbeiter der EIB mit einer Delegation brasilianischer und internationaler NGO zusammen, um ihre Anliegen im Zusammenhang mit dem Projekt zu diskutieren. Darüber hinaus hat die Bank mit interessierten NGO einen Schriftwechsel zu dem Projekt geführt.
(1) Die Managementsystem-Normen der Kategorie ISO 14000 der International Organization for Standardization (ISO), des weltweit größten Verbands für die Erarbeitung von Normen, betreffen Umweltmanagementsysteme und helfen Organisationen aller Art, ihre Umweltperformance zu verbessern.