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    Teil fünf der Reihe „Das Erbe des EFSI“

    Der Europäische Fonds für strategische Investitionen, kurz EFSI, war ein Gamechanger – für EU-geförderte Konjunkturprogramme und für die Europäische Investitionsbank. In dieser Reihe erzählen wir die Geschichte des EFSI von 2015 bis 2020 und lassen dazu seine Protagonisten zu Wort kommen: den geschäftsführenden Direktor des Fonds, seine Stellvertreterin, Mitglieder des Investitionsausschusses und Menschen in ganz Europa, die vom EFSI profitieren.

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    Die ersten Überprüfungen des EFSI fanden schon sehr früh statt – vielleicht zu früh. Das Portfolio war zu diesem Zeitpunkt noch klein und noch nicht breit genug gefächert, um allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen. Dabei wurden Themen und Probleme angesprochen, die nach Ansicht der Prüfer noch weiterer Analysen bedurften. Diese Aspekte wurden in der Folge immer wieder aufgegriffen, als ob sie sich bestätigt hätten, und häufig als immer schwerer wiegende Kritikpunkte angeführt.

    Während des gesamten Programms hat das EFSI-Team seine Operationen kritisch und konstruktiv untersucht und dabei auch Empfehlungen Dritter berücksichtigt. Hier einige Stimmen und Gedanken zu dieser Selbstbewertung.

    Hat der Investitionsausschuss Projekte abgelehnt?

    Der Investitionsausschuss kann einen Antrag auf EFSI-Garantie aus vielen Gründen ablehnen (und ist rechtlich nicht verpflichtet, dies zu begründen). Aus Rücksicht auf die betroffenen Projekte werden Ablehnungen nicht öffentlich gemacht, doch es hat sie gegeben. Sie wurden der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament ordnungsgemäß gemeldet – auf streng vertraulicher Basis.

    Hat es sich der Investitionsausschuss bei der Genehmigung der EFSI-Garantie zu leicht gemacht?

    Der Investitionsausschuss winkt EIB-Projekte weder durch, noch nimmt er bei seinen Entscheidungen Weisungen der Kommission, der EIB oder anderer Parteien entgegen. Einzelheiten der Vorschläge sowie Aussagen der EIB in den Garantieanträgen werden häufig hinterfragt. Die Ausschussmitglieder stimmen über jeden Antrag individuell ab und dürfen sich nicht enthalten (außer bei einem Interessenkonflikt. In diesem Fall haben sie keinen Zugang zu den Unterlagen des Investitionsausschusses und sind von allen Beratungen und Entscheidungen ausgeschlossen.) Nur wenn eine Mehrheit der Ausschussmitglieder einem Projekt zustimmt, kann die EFSI-Garantie gewährt werden. Dabei gibt es nur ein „Ja“ oder „Nein“ (eine bedingte Zustimmung ist nicht möglich), und die Entscheidung ist endgültig. Seit Anfang 2018 begründet der Investitionsausschuss zudem jede seiner positiven Entscheidungen in einem öffentlichen Dokument.

    Der EFSI war von Anfang an klug konzipiert, hat sich aber durch die Stellungnahmen und Fragen des Investitionsausschusses auch weiterentwickelt.

    Was passiert mit den „abgelehnten“ Projekten?

    Eine negative Entscheidung des Investitionsausschusses ist verbindlich. Die EIB kann dann die öffentliche Garantie für die geplante Finanzierung nicht in Anspruch nehmen. Negative Entscheidungen werden der Kommission und dem Parlament regelmäßig und auf vertraulicher Basis gemeldet. Eine Ablehnung des Investitionsausschusses bedeutet nicht, dass das betreffende Investitionsvorhaben damit scheitert. Es kann später immer noch finanziert werden, vielleicht zu anderen Bedingungen und durch andere Geldgeber. Auch eine Finanzierung durch die EIB ist weiter möglich. Allerdings würde die Bank dann ohne die EFSI-Garantie im Rücken das gesamte Risiko auf sich nehmen.

    Beobachter haben am EFSI unter anderem kritisiert, dass nicht klar war, was Zusätzlichkeit eigentlich bedeutet. Sie erwarteten von der EIB oder dem Investitionsausschuss offenbar eine konkrete Antwort – als ob es dafür eine mathematische Formel gäbe, die ein eindeutiges Ergebnis liefert. Doch der Investitionsausschuss war ja genau deshalb eingerichtet worden, weil sich die Zusätzlichkeit nur mit Erfahrung und Fachwissen bestimmen lässt. Ein Algorithmus reicht nicht, sondern es braucht dafür Fachleute, die darüber diskutieren und abstimmen. Aus diesem Grund ist der Ausschuss aus Mitgliedern mit einem breiten Profil und profundem wirtschaftlichem Wissen zusammengesetzt: Anders lässt sich diese unscharfe Messgröße nicht bewerten.

    © Ilias Abawi

    Erfolgsfaktor Nr. 1

    Der EFSI war für seine Aufgaben richtig konzipiert. In der EFSI-Verordnung wurden zwei eindeutige und gleichrangige Ziele formuliert: Zusätzlichkeit und mobilisierte Investitionen in der Realwirtschaft. Beide Ziele wurden erreicht.

    Erfolgsfaktor Nr. 2

    Klar verteilte Rollen und Zuständigkeiten auf institutioneller Ebene zwischen der Europäischen Kommission und der EIB-Gruppe und auf operativer Ebene zwischen der EIB-Gruppe als Kreditgeber und dem EFSI als Garantiegeber.

    Wie erreichen wir, dass die Gemeinwohlziele die Mobilisierung privater Mittel nicht ausbremsen? Durch das richtige Gleichgewicht. Wir waren als unabhängiger Ausschuss nicht Teil der Bank, hatten aber den Auftrag, stets die Gemeinwohlziele zu vertreten.

    Erfolgsfaktor Nr. 3

    Eine schlanke und effiziente Governance

    Erfolgsfaktor Nr. 4

    Einsatz der gesamten Maschinerie der EIB-Gruppe

    Erfolgsfaktor Nr. 5

    Zusammenarbeit mit nationalen Förderbanken

    Mitgliedstaaten, die zu einer Zusammenarbeit mit dem EFSI bereit waren – etwa über ihre nationalen Förderbanken oder andere spezielle Strukturen –, haben stärker und eher von der EFSI-Unterstützung profitiert. Diejenigen Länder, die das System der Zuschüsse durch den EFSI in Gefahr sahen, hatten weniger Erfolg. Der Europäische Rechnungshof hat nationale Förderbanken und ‑institute (NPBI) im Rahmen seines Berichts über den EFSI aus dem Jahr 2019 zum EFSI befragt und herausgefunden, dass „die Mehrzahl der NPBI die verstärkte Zusammenarbeit mit der EIB-Gruppe schätzt“.

    Projekte und Menschen

    Öffentlich und privat Hand in Hand

    Wenn ein europäisches Forschungsinstitut oder Unternehmen Daten nach Südamerika sendet, fließen die digitalen Informationen auch durch Kabel in den USA. Das kann brisant sein – nicht nur wegen der Datensicherheit, sondern auch politisch. Eine digitale Direktverbindung über Kabel erfordert erhebliche Investitionen, das Bau- und Geschäftsrisiko ist hoch: 6 200 Kilometer Ozeanboden, untermeerische Gebirgszüge und tiefe Gräben sind zu überwinden, und die meisten Kunden kaufen erst Kapazitäten, wenn das Kabel verlegt ist.

    Für solche Investitionen gibt es den Marguerite II. Der Fonds mit einem Volumen von 745 Millionen Euro finanziert zum Beispiel das EllaLink-Kabel, das Portugal mit Madeira, Cabo Verde und Brasilien verbindet. 2021 soll es fertig sein. „Der Marguerite ist etwas Besonderes“, meint Nicolás Merigó, früher Chef von Santander Infrastructure Capital, heute CEO des Fonds. „Wir wagen uns an anspruchsvolle Greenfield-Projekte, bei denen private Fonds oft abwinken.“

    Der Marguerite II investiert in neue Infrastruktur – in der Regel, wenn die Projekte noch nicht voll ausgereift sind und den meisten Infrastrukturfonds das Risiko zu hoch ist. Der Fonds unterstützt Projekte in allen EU- (und Heranführungs-)Ländern, auch wenn sie erst am Anfang stehen und keine Investoren finden. Er schließt die Lücke zwischen den Gemeinwohlzielen öffentlicher Investitionen und der Gewinnorientierung privater Geldgeber. Dafür kombiniert er kommerzielle Erträge mit einem flexibleren Risikoprofil als private Fonds.

    Das Besondere am Marguerite II sind seine Geldgeber: die Europäische Investitionsbank und fünf nationale Förderbanken. Für Infrastrukturprojekte lässt sich trotz ihrer Wichtigkeit oft nur schwer das nötige Geld aufbringen, vor allem in der Anfangsphase. Deshalb haben die nationalen Förderbanken und die Europäische Investitionsbank den Fonds eingerichtet. Am Marguerite II beteiligen sich die folgenden Förderbanken:

    • Bank Gospodarstwa Krajowego (Polen)
    • Caisse des Dépôts et Consignations (Frankreich)
    • Cassa Depositi e Prestiti (Italien)
    • Instituto de Crédito Oficial (Spanien)
    • KfW (Deutschland)

    Die Förderbanken zahlen jeweils 100 Millionen Euro in den Fonds ein, der aber nicht verpflichtet ist, in ihren Ländern zu investieren. Er kann Projekte überall in der Europäischen Union unterstützen.

    Die Investitionsoffensive für Europa ist mit im Boot

    Der Marguerite I wurde 2010 kurz nach der Finanzkrise aufgelegt. Damals steckten Investoren ihr Geld nur zögerlich in neue Infrastruktur. Doch der 710-Millionen-Euro-Fonds wurde ein Erfolg: Er beteiligte sich an Projekten in ganz Europa, von Offshore-Windparks in Deutschland bis zum Breitbandausbau in Frankreich. Als die Europäische Investitionsbank und die nationalen Förderbanken den Marguerite II einrichteten, hatte sich die europäische Wirtschaft verändert – nun galt es, eine neue Marktlücke zu schließen. Für ausgereifte Infrastrukturprojekte war mittlerweile genug Geld vorhanden. Neue Infrastruktur jedoch – auch „Greenfield“-Projekte genannt – wollte je nach Branche und Standort weiterhin niemand anfassen. Genau hier setzt der Marguerite II an.

    Bis November 2017 sagten die Europäische Investitionsbank und die nationalen Förderbanken 705 Millionen Euro zu. 2018 kam ein privater Investor mit 40 Millionen Euro dazu. Mit einer Garantie des EFSI konnte die Europäische Investitionsbank ihre Beteiligung am Marguerite II auf 200 Millionen Euro verdoppeln – in keinen anderen Infrastrukturfonds hat die Bank der EU mehr Geld investiert. „Der Marguerite bereichert auch den EFSI“, so Barbara Boos, Leiterin der Abteilung für Infrastrukturfonds bei der EIB, „weil ihn die fünf nationalen Förderbanken zu einem wirklich grenzüberschreitenden Projekt mit europäischer Vision machen.“

    Einige Vorstellungen der Gesetzgeber haben sich nicht vollständig erfüllt. Darüber sollte für die Zukunft nachgedacht werden:

    Investitionsplattformen als neue Form der Vermittlung, um kleinere und lokale Projekte zu fördern. Sobald die Regeln dafür feststanden, wurden zahlreiche Plattformen eingerichtet. Am erfolgreichsten war das Modell der Investitionsplattform allerdings in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen es eine starke nationale Förderbank als Durchführungspartner gab. Erwartungen, dass Investitionsplattformen starke nationale Förderbanken in den Mitgliedstaaten ersetzen könnten, haben sich nicht erfüllt.

    Sehr wenige grenzüberschreitende Operationen. Dies gilt sowohl innerhalb der EU als auch für Operationen mit Drittstaaten. Im Nachhinein zeigt sich, dass diese Projekte meist nicht daran scheitern, dass keine Finanzierung zur Verfügung steht. Haupthindernisse sind eher Bürokratie und unterschiedliche rechtliche oder regulatorische Anforderungen auf Länderebene. Hier ist die dritte Säule der Investitionsoffensive für Europa – die Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen – sehr viel relevanter als der EFSI.

    Kombination des EFSI mit EU- oder nationalen Zuschüssen und Strukturfonds. Dieses Ziel wurde teilweise erreicht, allerdings stehen ihm nach wie vor unterschiedliche rechtliche und sonstige Anforderungen der verschiedenen öffentlichen Geldgeber entgegen, unter anderem in puncto Berichterstattung. Daher wurde 2018 die Omnibus-Verordnung verabschiedet, um das Zusammenspiel der Investitionsoffensive für Europa mit anderen Finanzinstrumenten der EU klar abzustecken. Diese Verordnung hat in gewissem Maße geholfen, aber nicht alle Probleme gelöst.

    Die Europäische Plattform für Investitionsberatung hat zwar viele potenzielle Projektträger praktisch beraten, aber keine starke Brücke zur EFSI-Finanzierung geschlagen. Die Verknüpfung der Projektvorbereitung mit der finanziellen Unterstützung durch die öffentliche EFSI-Garantie ließe sich verbessern, wenn dies politisch gewollt ist.

    Projekte und Menschen

    In Posen entsteht dank der EFSI-Garantie bezahlbarer Wohnraum – und der kleine Szymon bekommt ein Kinderzimmer

    Karolina und Sebastian wohnten noch bei den Eltern, als ihr Sohn Szymon geboren wurde. Sie brauchten eigentlich mehr Platz, konnten sich aber keine teure Mietwohnung leisten. Ein Jahr mussten sie warten. Dann bekamen sie im neuen Stadtviertel Strzeszyn im Nordwesten von Posen eine bezahlbare Wohnung mit zwei Schlafzimmern. „Wir sind überglücklich“, freut sich Karolina. Sie zeigt Szymon die Schlüssel zur neuen Wohnung, wo der Kleine nun ein eigenes Zimmer hat: „Endlich sind wir hier.“

    In wenigen Jahren sollen in Strzeszyn 1 100 Wohnungen in ähnlichen viergeschossigen Gebäuden entstehen. Die Europäische Investitionsbank hat mithilfe der EFSI-Garantie einen Kredit von 147 Millionen Zloty (34 Millionen Euro) an die Wohnungsbaugesellschaft Poznanskie Towarzystwo Budownictwa Spolecznego vergeben.

    Das 1995 gegründete Unternehmen war die erste Gesellschaft für sozialen Wohnungsbau, die nach dem Ende des Kommunismus in Polen entstand. „Wir haben im Laufe der Zeit viel Erfahrung gesammelt“, erklärt Unternehmenschef Andrzej Konieczny. „Als der nationale Wohnungsbaufonds seine Finanzierungen einstellte, suchten wir nach Alternativen und stießen auf die Europäische Investitionsbank.“

    „Wir wollen Posen zu einer attraktiven Stadt machen, wo Menschen mit unterschiedlichem Einkommen ein Zuhause finden, problemlos zur Arbeit pendeln und ein modernes und umweltverträgliches Angebot an kommunalen Dienstleistungen haben“, erzählt Grzegorz Ganowicz, der Vorsitzende des Stadtrates.