Herausforderungen bei Investitionen und Unterstützung für Private-Equity-Initiativen – das waren die beiden wichtigsten Themen einer Fachdiskussion, an der EIB-Vizepräsidentin Teresa Czerwińska, der polnische stellvertretende Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie Mariusz Jerzy Golecki, der Vorstandsvorsitzende der Warschauer Börse Marek Dietl sowie führende Vertreterinnen und Vertreter von Finanzinstitutionen und ‑unternehmen teilnahmen.

Auf der Konferenz wurden die Ergebnisse der sechsten EIB-Investitionsumfrage für Polen vorgestellt (auf Englisch verfügbar unter https://www.eib.org/de/publications/econ-eibis-2021-poland). Mit dieser Umfrage erhebt die Europäische Investitionsbank (EIB) jedes Jahr qualitative und quantitative Informationen über die Investitionstätigkeit, die Finanzierungserfordernisse und die Probleme kleiner und großer Unternehmen. Die Umfrage wird in allen EU-Ländern durchgeführt.

Investitionsherausforderungen in Polen

Die Europäische Investitionsbank-Gruppe (EIB-Gruppe) fördert die Entwicklung der polnischen Wirtschaft seit 1990 und hat ihr Engagement in Polen kontinuierlich ausgebaut. 2021 erhielten der polnische private und öffentliche Sektor Finanzierungen in Rekordhöhe von insgesamt 6,5 Milliarden Euro, davon 5,684 Milliarden Euro von der EIB und 805,4 Millionen Euro vom Europäischen Investitionsfonds (EIF). Beim Finanzierungsvolumen rangiert Polen unter den 27 EU-Ländern an vierter Stelle nach Frankreich, Italien und Spanien. Die Finanzierungen der EIB-Gruppe entsprachen 1,16 Prozent des polnischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und sicherten landesweit 670 000 Arbeitsplätze.

Die EIB konzentriert sich auf vier Bereiche der Wirtschaft: Digitalisierung, Innovation und Humankapital; nachhaltige Energie und grüne Wende; nachhaltige städtische und regionale Entwicklung; Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). 2021 nahmen die EIB-Finanzierungen in allen vier Bereichen zu.

EIB-Vizepräsidentin Teresa Czerwińska: „Die steigenden Finanzierungen in den vier vorrangigen Bereichen senden ein sehr positives Signal für die polnische Wirtschaft. Wir sollten unsere Unterstützung weiter intensivieren, vor allem in Regionen, die unter der Situation in der Ukraine leiden. Gerade hier und in diesen schwierigen Zeiten tragen die Finanzierungen der EIB-Gruppe entscheidend zu anhaltendem Wachstum und stabilen Arbeitsmärkten bei.“

Polen ist seit vielen Jahren eine der attraktivsten Destinationen für ausländische Direktinvestitionen, erklärte der stellvertretende Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie Mariusz Golecki.

Golecki weiter: „Wir liegen weltweit vorne und sind in der Region führend. Trotz mehrerer Covid-19-Wellen war 2021 ein Rekordjahr für ausländische Direktinvestitionen in Polen.“

2021 wurden, so Golecki, im Rahmen des Förderinstruments „Polnische Investitionszone“ 713 Förderbescheide von mehr als 37,1 Milliarden Zloty erteilt. Daran gekoppelt war die Zusage, 16 831 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Gegenüber 2020 stieg die Zahl der Projekte um 92 Prozent, der Investitionswert um 145 Prozent und die Zahl der neuen Stellen um 186 Prozent. Insgesamt wurden zwischen September 2018 und Ende 2021 1 521 Förderbescheide für die „Polnische Investitionszone“ erteilt – mit einem angegebenen Gesamtinvestitionswert von 73,4 Milliarden Zloty und zugesagten 31 569 neuen Stellen.

Private-Equity- und Risikokapitalfonds

Marek Dietl, Präsident der Warschauer Börse: „Polen ist nach wie vor der größte Investitionsmarkt für Private-Equity- und Risikokapitalfonds in Mittel- und Osteuropa. Allein 2020 investierten sie 431 Millionen Euro in Polen, das ist ein Viertel der von ihnen verwalteten Mittel. In den letzten fünf Jahren wurden 41 Unternehmen aus Private-Equity-/Risikokapitalfonds-Portfolios an der Warschauer Börse (GPW) zugelassen, darunter Allegro, einer der zehn größten Börsengänge weltweit im Jahr 2020. Ich verspreche mir viel von dem EU-Fonds für Börsengänge, der von der Europäischen Kommission finanziert werden und in Unternehmen investieren soll, die an die Börse gehen. Die Firma GPW Ventures, die zu unserer Gruppe gehört, steht als Partner des EU-Fonds bereit. Sie will Unternehmen Finanzierungen noch vor ihrem Börsengang anbieten und ihnen den Zugang zum Kapitalmarkt eröffnen.“

Die Ergebnisse der EIB-Umfrage: Investitionen polnischer Unternehmen im Jahr 2021

  • Der Anteil der Unternehmen, die investieren, blieb 2021 im Jahresvergleich mit 80 Prozent stabil.
  • Der Anteil der Unternehmen, die mehr investieren wollen, stieg auf 80 Prozent und lag damit nahezu gleichauf mit dem EU-Durchschnitt.
  • Corona traf den Umsatz polnischer Firmen hart: 42 Prozent verzeichneten einen Umsatzrückgang, nur halb so viele einen Anstieg (22 Prozent).
  • Die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) führte 2020 mindestens eine fortschrittliche digitale Technologie ein.
  • Polnische Firmen kommen leichter an Kredite: Nur 8 Prozent hatten Schwierigkeiten bei der externen Finanzierung.
  • Fast die Hälfte (48 Prozent) der Unternehmen will in den nächsten drei Jahren in Klimaschutz investieren.

Im Vergleich zur EIB-Investitionsumfrage 2020 investierten mehr Firmen in Polen in den Ersatz von Gebäuden und Geräten. Ihr Anteil stieg von 45 Prozent 2020 auf 49 Prozent 2021, was dem EU-Durchschnitt entspricht (50 Prozent). Polen gehört dagegen immer noch zu den EU-Ländern, die am wenigsten in immaterielle Vermögenswerte investieren.

Covid-19 wirkte sich auf den Umsatz der polnischen Firmen aus. So verzeichneten 42 Prozent einen Rückgang, nur 22 Prozent dagegen einen Anstieg. Corona hatte auch Folgen für die Investitionspläne: Ein Drittel (32 Prozent) der Unternehmen korrigierte sie nach unten, lediglich 3 Prozent nach oben. Bei der Frage nach den kurzfristigen Maßnahmen infolge von Covid-19 belegte die Digitalisierung den ersten Platz. Rund ein Drittel der Firmen (35 Prozent) gab an, mindestens eine digitale Technologie eingeführt zu haben.

Fast vier von zehn Unternehmen (38 Prozent) investierten in die Entwicklung oder Einführung neuer Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Der Anteil der Firmen (53 Prozent), die 2021 mindestens eine fortschrittliche digitale Technologie eingeführt haben, erhöhte sich im Vergleich zur Umfrage 2020 (50 Prozent).

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen glauben drei Viertel der Unternehmen, dass sie in den letzten drei Jahren im richtigen Umfang investiert haben (76 Prozent). Dagegen ist der Anteil der Firmen, die bei voller Kapazitätsauslastung arbeiteten (47 Prozent), gegenüber 2020 zurückgegangen (51 Prozent) und liegt in etwa im EU-Durchschnitt (49 Prozent).

Die Bedingungen für den Zugang zu Finanzierungen verbessern sich in Polen. Nur bei 8 Prozent der Firmen in Polen kann von Schwierigkeiten bei der externen Finanzierung die Rede sein. Das ist weniger als bei der Umfrage 2020 (12 Prozent). Zum ersten Mal seit Beginn der EIB-Investitionsumfrage liegt ihr Anteil unter 10 Prozent. Die meisten Unternehmen, die externe Finanzierung in Anspruch nahmen, waren zufrieden damit. Am höchsten war die Unzufriedenheit bei den geforderten Sicherheiten (9 Prozent).

14 Prozent der polnischen Firmen haben sich infolge der Coronakrise stärker verschuldet. Wichtig war staatliche Unterstützung: Sechs von zehn Unternehmen (61 Prozent) in Polen wurden in irgendeiner Form finanziell unterstützt. Deren Anteil liegt etwas höher als im EU-Durchschnitt (56 Prozent).

39 Prozent der Firmen haben bereits in Klimamaßnahmen investiert, knapp die Hälfte (48 Prozent) plant, dies in den nächsten drei Jahren zu tun. Über ein Drittel (36 Prozent) investierte in Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Polnische Firmen haben auch überdurchschnittlich oft interne Ziele für den CO2-Ausstoß und den Energieverbrauch festgelegt und überwacht (52 Prozent gegenüber einem EU-Durchschnitt von 46 Prozent).

Debora Revoltella, Chefvolkswirtin der EIB: „Mehr als 40 Prozent der Unternehmen bekamen die Folgen der Coronapandemie zu spüren, dennoch ist der Anteil der Firmen, die mehr investieren wollen, auf 80 Prozent gestiegen. Wichtig ist auch: Fast die Hälfte aller Unternehmen will durch Investitionen in den Klimaschutz und neue Technologien ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern, ein gutes Zeichen für die grüne Wende der polnischen Wirtschaft.“

Podiumsdiskussionen

Während der Konferenz fanden zwei Podiumsdiskussionen zu den beiden Themen Investitionsherausforderungen und Unterstützung für Private-Equity-Initiativen statt. Teilnehmende waren: Sandrine Croset, Direktorin der Direktion Finanzierungsoperationen der EIB, zuständig für den Ostseeraum und Nordeuropa, Tomasz Robaczyński, Mitglied des Vorstands der Bank Gospodarstwa Krajowego, Leszek Skiba, Vorsitzender des Vorstands der Bank Pekao S.A., Mariusz Golecki, stellvertretender Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie, Artur Osiecki, Rzeczpospolita, Marek Dietl, Vorsitzender des Vorstands der Warschauer Börse, Paweł Borys, Vorsitzender des Vorstands des Polnischen Entwicklungsfonds, Alain Godard, geschäftsführender Direktor des Europäischen Investitionsfonds, Tomasz Poniński, Gründer und Managing Partner von Montis Capital, Marta Poślad, Director, CEE & Transatlantic Public Policy bei Google, und Marcin Wysocki, Mitgründer und Chief Information Officer von Avia Capital.

Link zum EIBIS-Länderüberblick 2021 für Polen: https://www.eib.org/de/publications/econ-eibis-2021-poland

Links zum Investitionsbericht 2021/2022 der Investitionsumfrage der EIB 2021:

Hintergrundinformationen

Die Europäische Investitionsbank (EIB) finanziert Projekte in vier vorrangigen Bereichen – Infrastruktur, Innovation, Klimaschutz und Umwelt sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). 2020 stellte die EIB-Gruppe 5,2 Milliarden Euro für Projekte in Polen bereit.

Die Investitionsumfrage der EIB

Die jährliche Umfrage der EIB-Gruppe zur Investitionstätigkeit und Investitionsfinanzierung (EIBIS) erstreckt sich auf die gesamte EU. Wir sammeln darin qualitative und quantitative Informationen über die Investitionen kleiner Betriebe (5 bis 250 Beschäftigte) und größerer Unternehmen (mehr als 250 Beschäftigte), über ihren Finanzierungsbedarf und über die Schwierigkeiten, auf die sie stoßen.

Befragt werden rund 13 300 Unternehmen aus den 27 EU-Ländern, dem Vereinigten Königreich und seit 2019 auch aus den Vereinigten Staaten. Die Umfrage basiert auf einer geschichteten Zufallsstichprobe und ist daher repräsentativ, und zwar:

  • auf Ebene der EU
  • auf Länderebene
  • auf Ebene der Sektoren (verarbeitendes Gewerbe, Dienstleistungen, Bau und Infrastruktur) und auf Ebene der Unternehmensgrößenklassen (kleinste, kleine, mittlere und große Unternehmen) (für die meisten Länder)

Alle Umfrageteilnehmer stammen aus der Datenbank ORBIS des Bureau van Dijk. Die Antworten können mit den ausgewiesenen Bilanz- und GuV-Daten der Unternehmen abgeglichen werden.

Die Investitionsumfrage der EIB wird seit 2016 jährlich durchgeführt. Sie dient dazu, einen Bestand von Unternehmensdaten aufzubauen. Dazu werden alle Unternehmen, die an der ersten Befragung teilgenommen haben, bei den nachfolgenden Umfragen erneut interviewt. Um den Stichprobenschwund auszugleichen und zu gewährleisten, dass alle Sektoren angemessen vertreten sind, wird die ursprüngliche Gruppe jedes Jahr entsprechend durch neue Unternehmen ergänzt.

Weitere Informationen sind abrufbar unter: Investitionsumfrage der EIB-Gruppe (EIBIS) – weitere Informationen