Die Bank der EU unterstützt Unternehmen im Kampf gegen Cyberkriminalität.

Anders Bohlin ist Experte für digitale Innovation bei der Europäischen Investitionsbank, die Unternehmen im Kampf gegen Cyberkriminalität unterstützt. Er vergleicht die Gefahrenlage im Netz gerne mit einer Stadt, die viele Straßen baut, dabei aber die Ampeln vergisst.

„Das ist das Problem im Netz. Wir haben keine Ampeln aufgestellt und müssen jetzt mit all den Angriffen fertigwerden.“ 

Tausende Unternehmen und die Daten von Milliarden Menschen weltweit sind in den letzten Jahren Opfer von Cyberangriffen geworden: Das Schadprogramm WannaCry etwa legte Rechner in Krankenhäusern und Unternehmen auf der ganzen Welt lahm, Hacker raubten Daten von Milliarden Uber- und Yahoo-Nutzern – und Russland soll versucht haben, in den USA, im Vereinigten Königreich sowie in Frankreich und Deutschland Wahlen zu manipulieren. Um das zu verhindern, müssen mehr „Ampeln“ her.

Warum ist der Kampf gegen Cyberkriminalität so wichtig? Weil Cyberangriffe nicht nur unsere persönlichen Daten gefährden, sondern auch weltweit Milliardenschäden in der Wirtschaft verursachen. Laut der Europäischen Kommission wurden in Europa 2017 mehr als 4 000 Cyberangriffe pro Tag gezählt. 80 Prozent der europäischen Unternehmen waren von solchen Attacken betroffen. Die Zahl der Angriffe mit Erpressungstrojanern – sogenannter Ransomware – die Rechner blockieren und erst gegen Bezahlung wieder freigeben, hat sich von 2015 bis 2016 weltweit verdreifacht.

Cybersicherheit wird zur Priorität

Aufgrund der Zunahme der Cyberkriminalität hat die EIB Investitionen in die Cybersicherheit zur Priorität erklärt. 

„Wir tun viel in diesem Sektor“, so Jussi Hätönen, dessen Abteilung bei der EIB junge, innovative Unternehmen im Bereich Cybersicherheit unterstützt. „Die Digitalisierung erfasst alle Branchen – vom Gesundheitswesen über den Verkehr und die Telekommunikation bis hin zum verarbeitenden Gewerbe. Dadurch explodiert der Datenbestand förmlich, und all diese Daten müssen geschützt werden.“

Die zunehmende Digitalisierung aller Bereiche unseres Lebens bietet öffentlichen Stellen und Unternehmen viele neue Chancen. Aber sie ruft auch Hacker auf den Plan.

 Anders Bohlin: „Schnelle Breitbandverbindungen sind heute fast überall Standard. Entsprechend laden die Leute viel aus dem Netz herunter und geben bei Geschäften im Internet sensible Daten preis. Dabei sind sie oft gleich mehreren Angriffen ausgesetzt, von denen sie überhaupt nichts mitbekommen.“

Aufrüstung gegen die Cyberkriminalität

Die EIB hat zuletzt mehrere Projekte gegen Cyberkriminalität unterstützt. Im Dezember letzten Jahres vergab sie zwei Darlehen an die schwedischen Unternehmen Nexus Group und Clavister. Clavister arbeitet daran, die Flut von Hackerangriffen einzudämmen, während Nexus Daten durch bessere Identifikationssysteme schützen will. Beide Darlehen werden vom Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) unterstützt. Mit dem EFSI soll das Wachstum in der EU gestärkt werden – unter anderem durch die Förderung junger, innovativer Unternehmen.

>@Nexus Group
© Nexus Group

„Wir müssen die Cyberkriminalität entschlossener bekämpfen“, fordert Lars Pettersson, CEO der Nexus Group.

Die Bank hat Nexus 29 Millionen Euro geliehen, damit das Unternehmen die Entwicklung seiner Identitäts- und Zugangsmanagementsoftware vorantreiben kann. Mit der „Smart ID“-Technik von Nexus können sich Nutzer visuell identifizieren, sich anmelden, Türen öffnen, Transaktionen elektronisch unterzeichnen und mit einer Karte oder einem Mobilgerät zahlen.

„Wir müssen die Cyberkriminalität entschlossener bekämpfen“, fordert CEO Lars Pettersson von Nexus. Das Unternehmen bezeichnet seine Smart-ID-Technik als Wunderwaffe gegen Cyberangriffe. Die Technik schützt die physische und die digitale Welt ihrer Nutzer: Wohnung, Rechner, Büro, E-Mail-Konten, Cloud-Dienste, Garage etc. – alles gesichert über ein Gerät, das Zugang zu allen verschafft.

Auch Clavister erhielt ein Darlehen von der EIB: Mit den 20 Millionen Euro kann das Unternehmen leistungsfähige Sicherheitssoftware entwickeln und neue Computerexperten einstellen. Die Firewalls des Unternehmens schützen die Zugangspunkte zu Computernetzen. Sie wehren Hacker ab, bevor sie angreifen können. Clavister gehört zu den weltweit führenden Anbietern im Bereich der Netzsicherheit.

„Nur wenn die Netze und Informationssysteme in der EU sicher sind, kann die Onlinewirtschaft funktionieren und Wohlstand schaffen“, so EIB-Vizepräsident Alexander Stubb, der für Finanzierungen der Bank in den nordeuropäischen Ländern zuständig ist. „Mit dem Darlehen für Clavister machen wir unser digitales Leben sicherer.“

>@Nexus Group
© Nexus Group

Mehr als 4 000 Cyberangriffe pro Tag gab es letztes Jahr in Europa.

Die EIB engagiert sich in ganz Europa für die digitale Sicherheit. Im Oktober 2017 vergab sie ein Darlehen über 20 Millionen Euro an das französische Unternehmen CS Communication & Systèmes. CS hilft Unternehmen, Cyberangriffe zu erkennen und abzuwehren. Auch das französisch-deutsche Unternehmen Qwant erhielt 25 Millionen Euro von der EIB. Seine Suchmaschine schützt die persönlichen Daten seiner Nutzer.

„Wir alle müssen vorsichtig sein.“

Anders Bohlin spricht nicht gerne darüber, aber auch er ist schon Opfer eines Cyberangriffs geworden. Vor 14 Jahren, als er bei einem schwedischen Technologieunternehmen arbeitete, entdeckte er eines Tages, dass sein privater Rechner gehackt worden war. Die Hacker nutzten ihn als sogenannten „Zombie“ für den Versand von Spam-E-Mails. „Das war eine böse Überraschung. Aber daraus habe ich gelernt, dass wir alle vorsichtig sein müssen – nicht nur Unternehmen.“

EIB-Experten warnen, dass die Bekämpfung von Cyberkriminalität in den kommenden Jahrzehnten immer schwieriger wird, da die Technik sich weiterentwickelt und immer komplexer wird. Diesen Kampf zu gewinnen, wird nicht leicht.

Jussi Hätönen: „Cyberkriminalität verursacht enorme Schäden, nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei Personen. Für diese Schäden muss jemand aufkommen. Und irgendjemand muss dagegen kämpfen.“

Die EIB wird an vorderster Front dabei sein.