EIB-Präsident Werner Hoyer hielt die Eröffnungsrede zur Verleihung des European Microfinance Award am 17. November 2022 am Sitz der EIB.


Es gilt das gesprochene Wort


>@Anouk Flesch/EIB

Guten Abend, Königliche Hoheit,

sehr geehrter Minister Fayot,

verehrte Gäste und Mikrofinanzfreunde,

meine Damen und Herren,

ich freue mich, Sie zur heutigen Preisverleihung für bewährte Verfahren in der globalen Mikrofinanzbranche bei der EIB zu begrüßen.

Nach drei Jahren ist dies die erste Preisverleihung, die wieder als Präsenzveranstaltung stattfindet.

Drei Jahre, die die Mikrofinanzinstitute weltweit auf die Probe stellten, geprägt von Unsicherheit, plötzlichen Reise- und Handelsbeschränkungen und dem Shutdown ganzer Sektoren.

Drei Jahre, die Europas Vision und seine Positionierung in der Welt einer harten Prüfung unterzogen und den Weg zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele steiniger machten.

In diesen drei Jahren haben wir bei der EIB-Gruppe weiter daran gearbeitet, unsere Wirkung zu verstärken, und dabei auch unser Know-how im Bereich Mikrofinanzierung – eines unserer wichtigsten Instrumente – genutzt.

  • Ich kann mit Stolz sagen, dass die Bank bisher weltweit insgesamt 1,8 Milliarden Euro für Mikrofinanzierungen bereitgestellt hat, davon allein fast 800 Millionen Euro in Afrika.
  • Damit haben wir die besonders vulnerablen Gruppen erreicht, vor allem arme, unterversorgte Frauen. Und um sie geht es auch bei dieser Auszeichnung.

Angesichts der aktuellen globalen Lage dürfen wir die Hände jetzt nicht in den Schoß legen. Wir müssen weitermachen. Vor allem müssen wir

  • innovativ bleiben und dafür sorgen, dass wir die dringendsten Bedürfnisse effizienter erfüllen,
  • weiterhin bewährte Verfahren austauschen, damit wir noch mehr Wirkung erzielen, die soziale Teilhabe bisher ausgegrenzter Gemeinschaften fördern und
  • intelligent investieren, damit unsere Finanzierungen vor allem auch Frauen zugutekommen.

Und deshalb finde ich auch unsere Entscheidung genau richtig, die EIB Global einzurichten. Über diesen neuen Geschäftsbereich intensivieren wir in Zeiten enormen Bedarfs unsere Zusammenarbeit für Entwicklung und Partnerschaften weltweit.

Welche massiven Folgen Covid-19 für die globale Mikrofinanzbranche hatte, ging kürzlich aus einer von der luxemburgischen NGO ADA (Appui au Développement Autonome) in Auftrag gegebenen Studie hervor.

Ich fand es erschreckend, dass sich das Einkommen von mehr als 90 Prozent der Mikrofinanzkunden verschlechtert hat. Und das betraf vor allem Frauen.

Gemeinsam reagieren wir bereits auf diese Entwicklungen – mit verstärkter Hilfe, neuen Initiativen, innovativen, geschlechtsspezifischen Produkten, Schulungen und Kapazitätsaufbau.

Frauengeführte Unternehmen können hier eine enorme Wirkung entfalten:

  • Sie beschäftigen mehr Frauen.
  • Sie sind innovativer und eher bereit, etwas für die Umwelt zu tun.
  • Sie steigen eher auf gute Managementmethoden um.

Allerdings haben es frauengeführte Unternehmen immer noch schwer, an Kredite zu kommen.

Das ist einfach inakzeptabel. Und deshalb müssen wir mehr dafür tun, dass frauengeführte Unternehmen eine Chance auf Erfolg haben.

  • Mary Ellen, in Ihrem Buch „There is Nothing Micro About a Billion Women“ zeigen Sie, warum Investitionen in Frauen so wichtig sind.
  • Auch unser Bericht Finance in Africa bestätigt, dass Banken bei der Kreditvergabe inzwischen stärker auf Genderaspekte achten.
  • Das ist auch gut für ihre Bilanzen. Denn vier von zehn Banken stellten fest, dass der Anteil der notleidenden Kredite bei frauengeführten Unternehmen niedriger ist als beim Durchschnitt ihrer Kreditportfolios.

Bei ihren Mikrofinanzierungen hat die EIB vor allem Frauen im Blick: Fast 50 Prozent der neuen Unternehmensfinanzierungen, die die EIB Global in Afrika mit ihren Darlehen mobilisiert hat, kommen Unternehmerinnen zugute.

Die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen steht sowohl bei unseren Finanzierungen als auch bei unseren Programmen für technische Hilfe im Vordergrund.

Besonders stolz bin ich darauf, dass die EIB mit ihrer vor drei Jahren in Nairobi gestarteten SheInvest-Initiative bereits mehr als eine Milliarde Euro für gendergerechte Investitionen mobilisiert hat.

Und erst vor wenigen Wochen bestätigte die EIB auf dem Finance in Common Summit in Abidjan, dass wir SheInvest aufstocken. Dann können wir weitere zwei Milliarden Euro mobilisieren und die Initiative auf Lateinamerika und Asien ausweiten.

Mehr Geschlechtergerechtigkeit und mehr wirtschaftliche Selbstbestimmung von Frauen in Afrika – das gehört auf jeden Fall zu unseren Prioritäten. Und dabei setzen wir unter anderem auf Mikrofinanzierungen.

Meine Damen und Herren,

wir treffen uns jedes Jahr in Luxemburg, um unsere Zusammenarbeit zu intensivieren und unsere Partnerschaften zu stärken. Dabei geht es darum, wie wir innovativ agieren, unterversorgte Menschen erreichen, die Schwächsten stärken und die Armut lindern können.  

Bewährte Verfahren zu würdigen ist wichtig. Denn nur so können wir Ideen umsetzen und weiterentwickeln, die funktionieren.

Viele von Ihnen haben schon an der SME Banking and Microfinance Academy teilgenommen, die die EIB in Afrika veranstaltet.

In den letzten zehn Jahren hat die EIB Schulungen für 288 Banken und Mikrofinanzpartner durchgeführt.

Durch diese kontinuierliche Zusammenarbeit können fast 40 000 afrikanische Mikrofinanz- und Bankfachleute untereinander innovative Ideen zu finanzieller Teilhabe, Klimarisiken und gezielter Kreditvergabe an Frauen und junge Menschen austauschen.

In ähnlichen Workshops haben mehr als 45 000 Endbegünstigte ihre Finanzkompetenz verbessert, unter ihnen Marktverkäufer, Mitglieder von Nähgenossenschaften und Flüchtlinge.

Königliche Hoheit, sehr geehrter Minister, liebe Freunde,

wir müssen dafür sorgen, dass Kleinstunternehmen, Landwirte und Firmen überall auf der Welt Zugang zu Finanzierungen haben. Das ist enorm wichtig, und wir müssen dabei vor allem die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen im Blick haben. Mikrofinanzierungen gehören zu den Instrumenten, mit denen die EIB am meisten erreichen und ihrer Aufgabe am besten gerecht werden kann.

Ich gratuliere allen Finalisten der heutigen Preisverleihung des European Microfinance Award zu ihrem beeindruckenden Engagement!

Vielen Dank!