In der Sitzung des Expertenausschusses der Investitionsfazilität und Partnerschaft Europa-Mittelmeer (FEMIP), die heute in Wien zu Ende gegangen ist, wurden Empfehlungen für eine Verbesserung des Geschäftsklimas und für die Anziehung ausländischer Direktinvestitionen in Mittelmeer-Drittländern ausgesprochen. Darüber hinaus wurden Möglichkeiten für die weitere Entwicklung der Energiemärkte im Mittelmeerraum aufgezeigt. Besonderen Nachdruck legten die Experten auf die Förderung erneuerbarer Energien und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz.

Auf Einladung von dem für die FEMIP zuständigen EIB-Vizepräsidenten Philippe de Fontaine Vive fand die zweitägige vierte Sitzung des Expertenausschusses der FEMIP unter der österreichischen EU-Präsidentschaft statt.

Philippe de Fontaine Vive erklärte: Die Verbesserung des Geschäftsklimas im Mittelmeerraum wird nicht nur dem privaten Sektor in den jeweiligen Ländern (hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen/KMU) neue Schwungkraft verleihen, sondern darüber hinaus ausländische Direktinvestitionen anziehen, die für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen notwendig sind. In einer Welt, in der sich der Energieverbrauch seit den 70er Jahren fast verdoppelt hat und in der der Umfang der abbauwürdigen Ölvorkommen in den kommenden 20 bis 25 Jahren ungewiss ist, müssen gemeinsame Lösungen zur Bewältigung der Herausforderungen im Energiebereich gefunden werden, ohne die eine nachhaltige Entwicklung, wirtschaftliches Wachstum und soziale Stabilität nicht gewährleistet werden können. Gemeinsame Anstrengungen europäischer Länder und gemeinsame Initiativen zwischen Europa und seinen Partner- und Nachbarstaaten zur Förderung eines besseren Geschäftsklimas, zur Entwicklung des privaten Sektors und zur Errichtung einer Freihandelszone Europa-Mittelmeerraum werden nur dann erfolgreich sein, wenn wir eine Energiegemeinschaft Europa-Mittelmeerraum bilden.

An der Sitzung nahmen rund 100 hochrangige Vertreter der EU-Mitgliedstaaten und der Mittelmeer-Partnerländer, von Banken, Industrieunternehmen, Unternehmerorganisationen, sonstigen in der Region tätigen Finanzinstituten, Hochschuleinrichtungen sowie der Europäischen Kommission teil.

In der ersten Teilsitzung hielt Mag. Dr. Winfried BRAUMANN, Vorstandsvorsitzender der Frauenthal Holding AG (Österreich), eine Grundsatzansprache zum Thema Verbesserung des Geschäftsklimas im Mittelmeerraum. Zu dem Thema der Verringerung der administrativen Belastung nahm Rits de BOER, Leiter des EU-Referats im Ministerium der Finanzen, Niederlande, ausführlich Stellung.

In der zweiten Teilsitzung, die sich mit der Entwicklung der Energiemärkte des Mittelmeerraums befasste und deren besonderer Schwerpunkt die erneuerbaren Energieträger waren, wurden Grundsatzreden von Dr. Hans HAIDER, Vorstandsvorsitzender Verbund (Österreich), und von Dominique RISTORI, Direktor, Allgemeine Angelegenheiten und Ressourcen, Generaldirektion Energie und Verkehr der Europäischen Kommission, gehalten.

In seinem Schlusswort sagte Philippe de Fontaine Vive: Es stehen Mittel für tragfähige Projekte des privaten Sektors sowie energiewirtschaftliche Vorhaben bereit. Energiefragen sind geopolitischer und sozioökonomischer Natur: Die Energiequellen sind ungleichmäßig zwischen den Ländern verteilt, und doch steigt die Energienachfrage überall rasch an. Diese Situation eröffnet eine Möglichkeit der Zusammenarbeit zwischen Ländern und Marktbetreibern, stellt aber im Falle von Missmanagement auch eine erhebliche Bedrohung für die Stabilität und den Frieden dar. Die Energieproduktion und die Entwicklung des privaten Sektors setzen hohe Investitionen voraus und wirken sich wesentlich auf das Wachstum, die Sozialfürsorge, die Umwelt und die menschliche Gesundheit aus.

Die FEMIP ist in diesen Bereichen bereits sehr aktiv und stellt ihre umfassende Erfahrung und ihr erhebliches Know-how zur Verfügung. Ihre Tätigkeit steht dabei in Einklang mit den Schlussfolgerungen des 2002 in Johannesburg stattgefundenen Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung und mit dem Grünbuch der Europäischen Kommission betreffend eine Energiestrategie für Europa. Zusätzlich zur Finanzierung von Energievorhaben, für die in den letzten zehn Jahren etwa 3,5 Mrd EUR zur Verfügung gestellt worden sind, finanziert der FEMIP-Treuhandfonds derzeit zwei wichtige Energiestudien: eine Studie über die Entwicklung von Projekten in Entwicklungsländern, die erneuerbare Energien und die Steigerung der Energieeffizienz betreffen, und eine Studie über Emissionsminderungsprojekte und den Handel mit Emissionsgutschriften im Mittelmeerraum. Diese Studien werden die Identifizierung vorrangiger Sektoren und die Ermittlung eines Bestands an konkreten Projekten, an deren Entwicklung und Finanzierung die FEMIP mitwirken könnte, erleichtern. Die FEMIP prüft gegenwärtig, welche Basisinfrastruktur für die Schaffung eines großen euro-mediterranen Raums in Einklang mit den Zielen des Barcelona-Prozesses benötigt wird, fügte er hinzu.

Der Expertenausschuss hat die Aufgabe, Ansätze zu entwickeln und dem Ministerausschuss für die FEMIP, in dem die Wirtschafts- und Finanzminister der EU und der Mittelmeer-Partnerländer vertreten sind, praktische und operationelle Empfehlungen zu unterbreiten. 2006 wird ein entscheidendes Jahr für die Zukunft der Partnerschaft Europa-Mittelmeer sein, da der Europäische Rat in diesem Jahr zu der Frage der für die Region im Zeitraum 2007-2013 verfügbaren Haushaltsmittel Stellung beziehen und sich erneut mit der Zukunft der FEMIP befassen wird. In der Sitzung des Ministerausschusses der FEMIP, die am 25. und 26. Juni in Tunis stattfinden wird, wird ein erster Meinungsaustausch der Finanzminister der EU- und der Partnerländer zu diesem Thema stattfinden, bei dem die von den Experten ausgesprochenen Empfehlungen berücksichtigt werden.

Seit ihrer Einrichtung im Oktober 2002 hat sich die FEMIP zu einer Euro-Mediterranen Entwicklungsbank entwickelt, die bemüht ist, die wirtschaftliche und soziale Erneuerung in den Partnerländern des Mittelmeerraums sowie deren stärkere regionale Integration zu fördern.

Im Jahr 2005 wurden in den Mittelmeer-Partnerländern im Rahmen der FEMIP Darlehen im Gesamtbetrag von 2,2 Mrd EUR für 23 neue Projekte vergeben, womit das bereits signifikante Ergebnis des Jahres 2004 noch etwas übertroffen wurde. Davon kamen 51% dem privaten Sektor zugute, dessen Unterstützung im Rahmen der FEMIP höchste Priorität beigemessen wird. Diese Operationen wurden zum Großteil (35%) in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen lokalen Bankensektor durchgeführt, um dessen Fähigkeiten im Bereich der Finanzierung produktiver KMU-Investitionsvorhaben zu verbessern. Gleichzeitig unterstützt die FEMIP Investitionen in die Basisinfrastruktur in den Bereichen Energie (Ägypten, Gazastreifen und Westjordanland, Syrien), Umwelt (Türkei, Libanon, Marokko) sowie Verkehr und Telekommunikation (Syrien, Libanon, Marokko, Türkei). 2005 wurde ferner die Finanzierungstätigkeit im Gazastreifen und im Westjordanland wieder aufgenommen: Es wurden zwei Darlehen bereitgestellt, die konkret zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Palästinenser beitragen und die Stromversorgung sowie die Einrichtung eines Garantiefonds zugunsten von KMU betreffen.

Des Weiteren hat die FEMIP ihre Tätigkeit im Bereich der technischen Hilfe ausgeweitet: die FEMIP konnte 2005 im Rahmen von 33 Operationen im Gesamtbetrag von 25 Mio EUR die Durchführung von Investitionsvorhaben und Studien erleichtern bzw. unterstützen und somit zu institutionellen Reformen und zur Definition sektoraler Entwicklungsstrategien in den südlichen und östlichen Mittelmeer-Partnerländern beitragen.

Um neue Möglichkeiten zur Weiterentwicklung einer finanziellen Zusammenarbeit auf der Basis komparativer Vorteile sowie zur Ausweitung ihres operationellen Rahmens zu ermitteln, hat die FEMIP ihre Zusammenarbeit mit anderen Geldgebern in der Region durch die Unterzeichnung von Vereinbarungen mit Mitgliedern des Verbands der Europäischen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen verstärkt. Dadurch wird die Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung in den Mittelmeer- Partnerländern durch die EU weiter verstärkt, ein doppelter Einsatz von Ressourcen vermieden, und die Auswirkungen der Aktivitäten der EU-Mitgliedstaaten in der Region werden maximiert.

Neben den Finanzierungsoperationen wurde im Rahmen der FEMIP eine Studie über die Märkte für staatliche Schuldtitel in den Mittelmeer-Partnerländern (im Dezember 2005 veröffentlicht) durchgeführt und ein ehrgeiziges Programm definiert, das sich mit dem Zugang von Unternehmen zu Krediten befasst. Am 13. März 2006 wurde ein Partnerschaftsabkommen mit dem Euro-Mediterranen Netzwerk der Wirtschaftsinstitute (FEMISE) unterzeichnet und eine erste detaillierte Analyse der Mittelflüsse im Zusammenhang mit Überweisungen von in Europa tätigen Migranten aus Mittelmeer-Partnerländern veröffentlicht.