Verantwortungsvolle Investitionen in Afrika sind im Aufwind, aber halten sie, was sie versprechen?

Von Nina Fenton und Claudio Cali

Verantwortungsbewusstes Investieren – auch Impact Investing genannt – ist sehr in Mode gekommen. Doch was verbirgt sich dahinter?

Manche wollen nicht in Unternehmen investieren, die der Gesellschaft oder der Umwelt schaden. Andere wollen mit ihrem Investment das Leben der Menschen verbessern. Der Markt für diese Geldanlagen wächst und wächst. Höchste Zeit also herauszufinden, was diese Anlagen wirklich bewirken. Hier kommt die sogenannte Wirkungsmessung ins Spiel.

In Nairobi und Addis Abeba haben wir neulich mit vier künftigen Stipendiaten eines Trainingsprogramms zusammengearbeitet, das die Europäische Investitionsbank mit dem Global Development Network durchführt. Die Nachwuchsforscherinnen und -forscher schauen sich innovative Unternehmen an, die aus dem Sonderfinanzierungsrahmen der EIB für Afrika, die Karibik und den Pazifik gefördert werden. Sie nehmen das „Wie“ der Wirkungsmessung unter die Lupe, wir dagegen zunächst das „Warum“. Was nützt uns die Wirkungsmessung?

Vier Gründe für die Wirkungsmessung

1. Wirkungsmessung zahlt sich aus. Für Sozialunternehmen und verantwortungsvolle Investoren stehen die Verbraucher im Mittelpunkt. Wer sind die Kunden, und welche Angebote nützen ihnen wirklich? Das sind die wertvollsten Informationen, die sie für den Geschäftserfolg benötigen. Kunden kaufen Produkte und Dienste, weil sie sich davon etwas Positives für ihr Leben versprechen. Wenn sich diese Erwartung erfüllt, kaufen sie wieder.

Die Unternehmer und Geschäftsleute, die wir kennen, interessieren sich ebenso leidenschaftlich für die soziale und ökologische Wirkung ihrer Arbeit wie für den wirtschaftlichen Erfolg. Als Innovatoren wissen sie, dass sie ihre Sicht auf die Wirkung regelmäßig überprüfen und anpassen müssen – wie sie das auch bei ihrem Geschäftsmodell tun. Wie Geschäftsmodelle entpuppen sich aber auch Wirkungsmodelle bisweilen als schwer umsetzbar. Rückschläge und Abweichungen gehören dazu. Wer die tatsächliche Wirkung messen kann, hat es leichter, die Kontrolle zu behalten und sein Geschäftsmodell mit einem guten Nutzenversprechen zu verknüpfen. Ein Blogartikel über das Impact-Programm des britischen Ministeriums für internationale Entwicklung erklärt, wie Unternehmen konkret von der Wirkungsmessung profitieren.

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© poa!

Andy Halsall, Chef von poa!

Ein Beispiel: Der innovative Internetprovider poa! bietet einkommensschwachen und auf dem Land lebenden Menschen einen bezahlbaren Internetzugang. Den Anfang macht poa! in Kibera, einem Slum im Südwesten Nairobis. Das Unternehmen erhielt Geld vom Novastar Ventures East Africa Fund, den die EIB aus ihrem Sonderfinanzierungsrahmen für entwicklungswirksame Projekte unterstützte. poa! findet: Zum Gemeinwohl beizutragen hat nicht nur mit sozialer Verantwortung zu tun, sondern ist auch gut fürs Geschäft. Wenn die Menschen Vertrauen fassen, abonnieren sie die Dienste des Unternehmens und akzeptieren die Installation von Wifi-Infrastruktur bei sich.

Einer der von der EIB geförderten Forscher wird bei poa! untersuchen, wie sich der Internetzugang auf einkommensschwache Gemeinschaften auswirkt. Idealerweise erfährt poa! dann, wie es den Gemeinschaften den größtmöglichen Nutzen bringen kann, wenn es in weitere einkommensschwache Gegenden Kenias geht. poa!-Chef Andy Halsall bringt es auf den Punkt: „Wir müssen immer besser werden.“

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© poa!

Ein Mitarbeiter des Internetproviders poa! erklärt, was das Unternehmen in Kibera in Nairobi tut.

2. Testen und lernen. Den „Puristen“ unter den verantwortungsvollen Investoren reicht es nicht aus, wenn ihr Investment das Leben der Menschen verbessert. Sie möchten genau wissen, welche Verbesserungen einzig auf ihr Investment zurückgehen. Dies interessiert keineswegs nur Wissenschaftler. Bei der verzwickten Frage nach Ursache und Wirkung geht es nämlich durchaus auch um Geld. Nehmen wir zum Beispiel die Marktforschung: Ein Unternehmen will vor der Einführung eines neuen Produkts natürlich wissen, wie es bei den Kunden ankommen wird. Dazu könnte es das Produkt zunächst in einer kleinen Auflage auf den Markt bringen und anschließend die Käufer befragen. Aber dann erhält es nur das Feedback einer Avantgarde: der Menschen, die besonders neugierig und aufgeschlossen sind. Bei der eigentlichen Markteinführung kommt vielleicht das böse Erwachen, weil die Kunden ganz anders reagieren.

Deshalb experimentieren große Unternehmen praktisch andauernd. Sie bauen dabei Zufallselemente in ihre Markttests ein, um nicht durch die sogenannte Selbstselektion der Kunden getäuscht zu werden. David McKenzie beschreibt dieses Vorgehen anschaulich in einem Blogartikel der Weltbank. Auch kleinere Firmen, die verantwortungsvoll investieren, können solche Tests durchführen. Schließlich liegt das Experimentieren Unternehmern im Blut.

Mehrere Unternehmen, die mit den Stipendiaten des EIB-Programms zusammenarbeiten, haben großes Interesse daran gezeigt, solche Testmethoden vor einer Markteinführung zu verwenden. Die Forscher haben Hilfe: Auf der technischen Seite werden sie von Experten wie Arianna Legovini unterstützt, die das Team für Development Impact Evaluation bei der Weltbank leitet. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass die Unternehmen einen Beleg für ihre Wirkung erhalten, der sogar die Puristen zufriedenstellt.

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© poa!

A school in the Kibera neighbourhood of Nairobi that receives internet access from poa!

3. Wichtig: Bleiben Sie auf dem Boden! Wer sich zum Kreis der verantwortungsbewussten Anleger zählt – das gilt auch für die Autoren dieses Artikels –, hat sich mit Herzblut den Zielen seiner Investitionen verschrieben. Wir definieren unsere Ergebnisse als „bahnbrechend“ oder „spektakulär“, weil wir einfach keine Werkzeuge haben, um sie präzise zu messen und zu beschreiben. In diesem Überschwang passiert es dann leicht, dass Investoren und Unternehmer indirekte und nur zufällige Effekte als Erfolge ausgeben, obwohl sie gar keine Kontrolle darüber haben. Wie mein Mathelehrer – und vor ihm die US-Marine – zu sagen pflegte: „Je einfacher, desto besser!“ Bei der Wirkungsmessung müssen Anleger ebenso wie Unternehmer ein Gleichgewicht zwischen der reinen Lehre und der praktischen Machbarkeit finden. Sie müssen sich also auf das konzentrieren, was Sie mit Ihren Investitionen oder Ihrem Geschäft tatsächlich ändern. Am besten legen Sie dazu einen überschaubaren Katalog von Messgrößen fest, die Sie überwachen und in Berichten festhalten. Das hilft Ihnen, die Brücke zu den Zielen schlagen, für die Sie brennen.

4. Gehen Sie auf Tour! Beim verantwortungsvollen Investieren geht der finanzielle Gewinn mit dem Gewinn für Umwelt und Gesellschaft einher – das ist der Kern der Idee. Aber oft müssen die Investoren ein höheres Risiko eingehen oder niedrigere Renditen in Kauf nehmen.

Sie gehen genau wie Unternehmer, die einen Börsengang planen, auf Tour und präsentieren sich ihren potenziellen Geldgebern im besten Licht. Die Geldgeber wollen wissen, was sie als „Gegenleistung“ für das höhere Risiko bekommen.

Legen Sie deshalb klare Ergebnisgrößen fest, mit denen Sie ihnen die Wirkung der Investments demonstrieren. Damit beweisen Sie Transparenz und vermeiden es, Erwartungen zu wecken, die Sie später nicht erfüllen können. Je tiefer Sie in die Wirkungsmessung einsteigen – etwa durch Befragungen und strenge Methoden –, desto glaubwürdiger und transparenter kommen Sie rüber.

Und jetzt noch ein schlechtes Argument für die Wirkungsmessung

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer erzielt die größte Wirkung im ganzen Land?“

Als Experten für Ergebnismessung werden wir oft gefragt: „Welche Prioritäten setzen Sie, wenn Sie Projekte auswählen?“ Oder: „Kann ich an Ihren Ergebnisgrößen ablesen, ob ein Investment wirkungsvoller als ein anderes ist?“ Aber das sind die falschen Fragen. Auch die beste Wirkungsmessung sagt nur begrenzt etwas darüber aus, welche Prioritäten in verschiedenen Sektoren – in denen es auf ganz unterschiedliche Effekte ankommt – gelten sollen. Und sie sagt nichts über den idealen Kompromiss zwischen Breite und Tiefe der Wirkung aus.

Wenn jemand wissen möchte, ob ein Gesundheitsprojekt, das 100 Menschen eine Behandlung ermöglicht, eine stärkere Wirkung hat als eine Maßnahme, die 100 Haushalten einen besseren Zugang zu Informationen verschafft, vergleicht Äpfel mit Birnen – ein Klassiker.

Und würden Sie eher eine Klinik unterstützen, die bezahlbare Leistungen für 1 000 Patienten monatlich ermöglicht, oder doch lieber ein Sozialunternehmen, dass 100 Menschen die Möglichkeit gibt, sich eine neue Existenz aufzubauen?

Die Wirkungsmessung soll dabei helfen, eine Geschäftsmöglichkeit als Ganzes zu beurteilen, durchaus auch in Kombination mit Instrumenten wie der Kosten-Nutzen-Analyse.

Ultimatives Ziel der Wirkungsmessung: Sie soll es Ihnen ermöglichen zu beurteilen, ob ein Investment in Einklang mit den Zielen steht, die Ihnen als Anleger wichtig sind. Jedes einzelne Projekt soll das maximal Mögliche bewirken – und natürlich keine unbeabsichtigten negativen Effekte haben, an die vorher niemand gedacht hat.

>@EIB

Nina Fenton und Claudio Cali sind Ökonomen bei der EIB. Ihr Spezialgebiet sind Finanzierungen mit besonderem gesellschaftlichen und ökologischen Effekt.

Vorbehalt: Dieser Artikel gibt die Ansichten der Autoren und nicht die Ansichten der EIB wieder.