Neue Straßen, bessere Schulen und modernere Kulturzentren für die slowakische Hauptstadt – eine Vision wird Realität

Ein bekanntes, im Jugendstil errichtetes Schulgebäude im historischen Zentrum Bratislavas war nach Jahrzehnten der Vernachlässigung und fehlender Investitionen vom Verfall bedroht. Die Schule, auch bekannt unter dem Namen Grösslingová 18, gehört zu den ältesten Schulen der Slowakei und hat viele berühmte Persönlichkeiten hervorgebracht – unter ihnen der Komponist Béla Bartók und der frühere Präsident der Tschechoslowakei Gustáv Husák. Das über 100 Jahre alte Gebäude stand kurz davor auseinanderzufallen: Bröckelnde Fassaden, marode Böden und rissige Innenwände prägten das Bild.

„Die Schule war wirklich gut, doch leider in einem erbärmlichen Zustand“, sagt Marek Vlcej, wirtschaftlicher Berater für die Region Bratislava. Die Sanierung war unbedingt notwendig, weil das Gebäude zu den bekanntesten Symbolen der Stadt zählt.

Nach mehrjährigen Sanierungsarbeiten erstrahlt die Schule nun in neuem Glanz – mit perfekter Fassade und neu verkleideten Wänden und Böden. Auch die Lehrer und Schüler strahlen. Das Sanierungsprojekt zeigt sehr anschaulich, wie sich die Region Bratislava bemüht, den südwestlichen Zipfel der Slowakei lebenswerter und leistungsfähiger zu machen. Dazu sollen Gebäude modernisiert, Straßen saniert und Kulturzentren verschönert werden.


Die Schule Grösslingová 18 in Bratislava vor der Sanierung.

Jahrelanger Investitionsstau

„Die Region wurde jahrelang vernachlässigt“, sagt Sebastian Hyzyk, der als Volkswirt bei der Europäischen Investitionsbank tätig ist. „Um neue Investoren und mehr Menschen anzuziehen, muss sie ein gutes Dienstleistungsniveau bieten.“

Der desolate Zustand der öffentlichen Gebäude und Straßen beeinträchtigt das Stadtbild und gefährdet die Sicherheit in der slowakischen Hauptstadt. Doch nicht nur das: Er treibt auch die Betriebskosten in die Höhe, schadet der Wirtschaft und dürfte überdies Menschen davon abhalten, sich in diesem Gebiet niederzulassen.

„In der Slowakei sind sehr viele Gebäude in schlechtem Zustand“, erklärt Vlcej. „In mehr als vierzig Jahren Kommunismus und auch dann beim Übergang zum Kapitalismus machte sich niemand sonderlich viele Gedanken um Infrastruktur. Gebäude wurden nicht fachgerecht errichtet, instand gehalten oder wiederaufgebaut. Der Investitionsbedarf stieg Jahr für Jahr weiter an.“

Die Region Bratislava mit ihren rund 620 000 Einwohnern orientierte sich bei der Planung ihres Entwicklungsprogramms an der Strategie Europa 2020. Diese auf zehn Jahre angelegte Initiative der Europäischen Kommission soll europaweit die soziale und wirtschaftliche Entwicklung voranbringen. Bratislava spielt vor allem in der Forschung und Hochschulbildung eine wesentliche Rolle. Sie gehört zu den wichtigsten Universitätsstandorten der Slowakei. Daher verfügen die Arbeitskräfte in dieser Region über ein hohes Bildungsniveau.

Ein Darlehen für viele Projekte

Um die Entwicklung der Region zu fördern, unterzeichnete die EIB mit der Stadt Bratislava im Jahr 2008 ein Rahmendarlehen über 23 Millionen Euro. Aus einem einzigen Rahmendarlehen können in einer Region Dutzende oder gar Hunderte von Projekten in verschiedenen Sektoren finanziert werden. Die Stadt ergänzte das Darlehen der EIB mit einem eigenen Finanzierungsbeitrag in gleicher Höhe und stellte Fachpersonal für die Durchführung des Investitionsprogramms zur Verfügung. Derzeit verhandeln die Region Bratislava und die EIB über ein zweites Rahmendarlehen von 25 Millionen Euro, das in Kürze unterzeichnet werden dürfte.

Mit den Mitteln des EIB-Darlehens wurden historische Gebäude saniert und modernisiert – sie bekamen neue Dächer und neue Wasserleitungen. Außerdem wurde die Elektrik modernisiert, und die Gebäude erhielten moderne Heizungs- und Lüftungssysteme. Im historischen Stadtzentrum konnte zudem ein Konservatorium saniert und schallisoliert werden, das aus den 1880er-Jahren stammt und Musikstudenten der gesamten Region anzieht. Nun können sich Lehrer und Studierende ganz auf die Musik konzentrieren. Mit den Mitteln wurden auch zahlreiche Schäden behoben, die schweres Hochwasser aus den Karpaten verursacht hatte. So konnten unterspülte Straßen und Brücken wieder instandgesetzt und gerissene Wasser- und Stromleitungen repariert werden.


Die EIB, die 2016 ein Büro in Bratislava eröffnete, stellte im vergangenen Jahr 874 Millionen Euro in der Slowakei zur Verfügung. Auf Infrastrukturvorhaben entfielen 63 Prozent der Darlehen, 28 Prozent der Finanzierungen gingen an kleine und mittlere Unternehmen, und 9 Prozent flossen in den Umweltschutz. In den vergangenen fünf Jahren unterstützte die EIB das Land mit insgesamt 3,4 Milliarden Euro.

In der Region um Bratislava gibt es noch viel zu tun, was sich auch in den langfristigen Investitionsprogrammen widerspiegelt. In vielen Schulen, sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie auf zahlreichen Nebenstraßen besteht nach wie vor ein erheblicher Reparaturbedarf. Allerdings unternehmen die Verantwortlichen in der Region heute viel mehr, um die alten Probleme zu beheben.

„Nach Angaben der Europäischen Kommission zählt Bratislava zu den am schnellsten wachsenden Regionen Europas“, sagt Vlcej. „Die Region hat eine perfekte Lage und dürfte Menschen gute Perspektiven bieten. Allerdings sind im Verkehrs- und im Umweltbereich noch zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen.“