Neues Flüssiggasterminal befreit Litauen von einem Energiemonopol

Litauen emanzipiert sich mit einem schwimmenden Flüssiggasterminal von russischen Gaslieferungen. In diesem Podcast erfahren Sie:

  • dass die Arbeit der Ingenieure im Terminal manchmal gefährlich ist
  • wie die Europäische Investitionsbank Litauen beim Aufbau einer unabhängigeren Gasversorgung geholfen hat
  • was das neue Terminal für die Wirtschaft des Landes bedeutet

Diese und alle anderen Folgen unseres Podcasts in englischer Sprache finden Sie in iTunesSpotify und Acast.

„Future Europe“ stellt jedes der 28 EU-Länder in einem Podcast vor. In jeder Folge geht es um ein Projekt, das zeigt, wie wir künftig in Europa leben werden. Darüber sprechen wir mit Menschen wie Rimas Rusinas, die die Projekte selbst kennen.

Gasprojekt ist Litauens Anschluss an die Welt

Rimas Rusinas blickt über das dunkelgraue Wasser im Hafen von Klaipeda auf eine lange Anlegestelle einige hundert Meter vor der Küste. „Dieser Anleger ist enorm wichtig für Litauen. Er ist unser Anschluss an die Welt“, erklärt er.

Ein riesiges Schiff liegt dort, die Independence. Rusinas ist für den Betrieb des Flüssiggasterminals im größten litauischen Hafen zuständig, und dazu gehört auch der Schiffsanleger.

„Ich bin dafür verantwortlich, dass das Terminal sicher und zuverlässig funktioniert“, erzählt Rusinas dem Podcast „Future Europe“ der Europäischen Investitionsbank. Per Schiff wird die Independence mit Gas beliefert, das anschließend über die Anschlüsse in der Anlegestelle in das litauische Gasnetz eingespeist wird. Das neue Terminal bringt dem baltischen Land nicht nur Energie und Wärme, sondern auch „Versorgungssicherheit“, wie die Branchenexperten sagen. Das Land wird unabhängig von seinem bisherigen Monopolversorger und baut damit für die Zukunft vor.

Größere Freiheit, niedrigere Preise

Der Anleger vor Klaipeda und der Flüssiggastanker wurden im Jahr 2014 gebaut. Litauen litt gerade unter einer Energiekrise und war abhängig von russischem Erdgas. Die Folge: Das Land zahlte die höchsten Preise in ganz Europa.

Mit der Independence kam endlich die Freiheit. Litauen kann jetzt enorme Mengen an flüssigem Erdgas speichern und zur Einspeisung in das nationale Gasnetz wieder in Gas umwandeln. „Die Independence ist im Grunde Flüssiggastanker, Gasspeicher und Gaswerk in einem“, schwärmt Kapitän Damagoj Miskovic auf der Schiffsbrücke.

Die schwimmende Lösung bot zahlreiche Vorteile gegenüber einer Anlage auf dem Festland. „Das Schiff war schneller verfügbar, und es ist billiger, kosteneffizienter und umweltfreundlicher“, erklärt Miskovic.

Eine Pipeline für mehr Unabhängigkeit

Um die Menschen sicher und zuverlässig mit bezahlbarem Erdgas versorgen zu können, hat Litauen investiert:

  • in einen Schiffsanleger vor der Küste mit Anlagen für den Gasumschlag
  • in Anlegeeinrichtungen für ein Spezialschiff zur Lagerung und Umwandlung von Flüssigerdgas
  • in eine 18 Kilometer lange Pipeline, die den Anleger mit dem litauischen Gasnetz verbindet 

Klaipėdos Nafta, das Staatsunternehmen, das das Erdgas importiert, erhielt von der EIB 73 Millionen Euro für den Bau des Terminals. Das Terminal und der von einem norwegischen Unternehmen gemietete Tanker gingen zeitgleich in Betrieb und deckten einen kritischen Teil der Erdgasversorgung des Landes.

Hilfe von der EU-Bank

Mindaugas Jusius, CEO von Klaipėdos Nafta, erzählt „Future Europe“, wie wichtig die EIB für das Projekt war.

„Es ist wirklich sehr fraglich, ob das Projekt ohne die EIB zustande gekommen wäre. Zum einen war das Geld natürlich für unsere Finanzierung wichtig, zum anderen konnten wir damit die bestmögliche Qualität einkaufen.“

Mit dem Kredit für Klaipėdos Nafta hat die EIB ihre Ziele für das Land und die Region erreicht. „Es war das perfekte Projekt für die Bank“, erklärt Andrius Sokolovskis, bei der EIB für Kredite im Ostseeraum zuständig. „Wir suchen nach Projekten, die wirklich Veränderungen anstoßen, und zwar in großem Stil. Und die neue Energiealternative kommt nicht nur Litauen zugute, sondern auch Nachbarländern wie Lettland und Estland.“

Mehr Versorgungssicherheit, mehr Selbstvertrauen

Über das neue Terminal kann sich das Land zu vertretbaren Preisen mit Energie versorgen. Gleichzeitig steht die Energieversorgung nun auf mehr Säulen als bisher, und auch erneuerbare Energien spielen eine Rolle. All das hat dazu beigetragen, die Wirtschaft des Landes zu stabilisieren.

Ganz Litauen ist stolz auf seine schwimmende Flüssiggasanlage. So auch Martinas Abrozaitis, einer der Ingenieure von Klaipėdos Nafta, die für eine sichere und zuverlässige Gasversorgung verantwortlich sind. Für ihn ist seine Arbeit mehr als nur ein Job:

„Unsere Arbeit ist nicht immer ungefährlich, aber es ist ein wirklich großes und sehr erfolgreiches Projekt, darauf bin ich stolz. Es ist nicht nur für mich und meine Kollegen sehr wichtig, sondern für uns alle in Litauen.